„Kräuterfee“ Annemarie Schröder gibt ihr Wissen gern weiter – etwa darüber, dass Echte Kamille innen hohl ist (kl. Foto).
Von Birte Behrend
ERWITTE/ANRÖCHTE – Diese bunte Pracht und dieser würzige Duft, der die Kirchen jetzt zur Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt erfüllte – da ist es kaum zu glauben, dass diese Kräuter überall im heimischen Raum am Wegesrand wachsen. „Kräuterfee“ Annemarie Schröder aus Bad Westernkotten weiß noch um die nützlichen, heilenden Kräfte der Kräuter. Gemeinsam mit einem Dutzend Damen aus der Region war sie in der Feldflur unterwegs – um das Gute zu ernten, das nur allzu oft als „Unkraut“ diffamiert wird. Und dass man damit nicht nur feine Sträuße binden kann, das weiß auch Ernährungsberaterin Ute Nübel aus Altengeseke.
Annemarie Schröder strahlt in die Damen-Runde. „Jedes Dorf“, verkündet sie, „hat seine eigenen Kräuter.“ Weil eben nicht überall das Gleiche wächst, führt ihre Sammlung – die Schröder im Namen der Heilbad-Heimatfreunde gemeinsam mit den Erwitter LandFrauen durchführt – die Damen bis nach Lippstadt.
Mitten im Nirgendwo hält Schröder plötzlich am Wegesrand. Emsig stapft die Seniorin durch das hohe Gras, rattert wie ein Maschinengewehr die Pflanzennamen herunter, die sie im üppigen Grün auf einen Blick erkennt: „Hier ist der kleine Alant, das hier ist Labkraut… und hier, das ist Wilder Majoran.“ Geschickt schnippelt sie einen Stengel ab und betrachtet ihn. „Den kann man trocknen, im Schatten, nicht in der Sonne! Einfach Papier drum und aufhängen. Und dann kann man ihn auf die Pizza streuen – wie Oregano.“
Die umstehenden Frauen staunen. Und weiter geht’s. Annemarie Schröder hält mit ihrem Wissen nicht hinter dem Berg. Zinnkraut, sagt sie, enthalte zehn Prozent Kieselsäure. Das sei gut für Haut, Haare und Nägel. Kamille – natürlich die echte, deren Blütenkörbchen innen hohl sind! – wirkt desinfizierend und magenfreundlich. Und wenn man Gallenprobleme hat, weil man zu fett gegessen hat, helfen zwei, drei bittere Wermut-Blüten, die man im Mund zergehen lässt. Einmal, erzählt Schröder, habe sie die weißen Blüten von Wilder Möhre getrocknet und zu Weihnachten aufgehängt – wie Schneeflocken. „Und die jungen Blätter kann man essen“, sagt sie, schiebt sich eines in den Mund und bietet auch den Frauen an, zu probieren.
Ihr Wissen habe sie schon als kleines Mädchen von ihrem Vater gelernt, aber sich auch vieles selbst angeeignet. „Für mich ist es ein Anliegen“, sagt die Bad Westernkötterin mit Nachdruck, „dass diese Liebe zur Natur erhalten bleibt. Denn wenn man weiß, welche Pflanze da wächst, geht man ganz anders mit ihr um. Wenn man weiß, wie wertvoll Kräuter sind.“
Das weiß auch die Altengesekerin Ute Nübel. Als Diätassistentin empfiehlt sie häufig, Kräuter zu verwenden anstelle von Salz und Fix-Produkten. Kräuter liefern nämlich nicht nur raffinierten Geschmack, sondern auch Vitamine und Mineralstoffe; wirken krampflösend bei Darmbeschwerden und fiebersenkend. Dem Essen könne man Kräuter gut zusetzen – etwa im Kochsud beim Garen von Fleisch – aber sie auch beim Inhalieren, in Badesalz oder Umschlägen verwenden. Oder einfach Blüten als gesunde Hingucker in Salate oder auf den Teller streuen. Empfehlenswert sei ein Kräuterbeet im eigenen Garten. Und auch in tiefgekühlten Kräutern seien noch Geschmacks- und wertvolle Inhaltsstoffe enthalten. „Aber natürlich sind frische Zutaten immer besser“, sagt Nübel. Zum Sammeln in freier Natur sollte man sich besser fachlichen Rat holen.